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MATRIX 1/2019 (55) • Eginald Schlattner •

MATRIX 1/2019 (55) • Eginald Schlattner • von Traian (Hrsg.) Pop

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Kategorie: Bücher
Seiten / Format: Broschiert
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Ludwigsburg, Pop-Verlag
Sprache: Deutsch
ISBN: 374901

Liebe Leserinnen und Leser, ich freue mich, Ihnen diese besondere Ausgabe, die Eginald Schlattner, den erfolgreichsten deutschen Autor aus Rumänien, als Schwerpunk hat, präsentieren zu dürfen. Es signieren: Eginald Schlattner, Sigurd Paul Scheichl, Michaela Nowotnick, Edith Konradt, Karl-Markus Gauß, Eva László-Herbert, Gabriela Sonnenberg, Andreea Dumitru, Christoph Klein, Matthias Buth, Traian Pop Traian, Frieder Schuller, Gabriella-Nóra Tar, Cord Meier-Kloth, Emil Hurezeanu und Mirona Stanescu.

Dazu gibt es einen starken Lyrik-Teil zum 100. Geburtstag von Hans Bender mit seinen letzten Vierzeilern, begleitet von einem Essay von Theo Breuer.

Traian Pop

Es signiert: • Eginald Schlattner • Man verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen • Sigurd Paul Scheichl • Michaela Nowotnick • Karl-Markus Gauß • Christoph Klein • Eva László-Herbert • Gabriela Sonnenberg • Andreea Dumitru • Matthias Buth • Traian Pop Traian • Frieder Schuller • Gabriella-Nóra Tar • Cord Meier-Kloth • Emil Hurezeanu • Mirona Stanescu • Harald Gröhler • Wolfgang Schlott • Hans Bender • Letzte Vierzeiler • Theo Breuer •

Editorial / S. 4

Die Welt und ihre Dichter

Eginald Schlattner • Man verlasse den Ort des Leidens nicht, sondern handle so, dass die Leiden den Ort verlassen
Eginald Schlattner • Und ... / S. 7
Sigurd Paul Scheichl • „Wie an den Lagerfeuern der Karawan-
sereien". Eginald Schlattner – ein exotisches Kuriosum? Zur Schlattner-Rezeption in den deutschsprachigen Ländern / S. 27
Michaela Nowotnick • Vom Büchermachen / S. 51
Eginald Schlattner • im Gespräch mit Edith Konradt über seinen Debütroman Der geköpfte Hahn: „Eindeutigkeit gibt es nur um den Preis des Irrtums" / S. 57
Eginald Schlattner • Maghrebinische Zwischenräume / S. 65
Eginald Schlattner • Vom Dorfweiher zum Königsschloss. Ein modernes Märchen und mehr / S. 72
Karl-Markus Gauß • Brief an Eginald Schlattner / S. 75
Eva László-Herbert • Geballte Klarsicht und die bittersüße Poetik
der Erinnerungen eines Mitteleuropäers / S. 77
Gabriela Sonnenberg • Gespiegelt im Fluss der Erinnerungen. Gedanken zu Eginald Schlattners Buch Wasserzeichen / S. 79
Andreea Dumitru • „Erlebte, gelebte Wirklichkeit". Eginald Schlatt-
ners neues Buch Wasserzeichen / S. 89
Christoph Klein • Mythische Erinnerungsorte in Eginald Schlattners Wasserzeichen / S. 95
Eginald Schlattner • Bericht des evangelischen Gefängnispfarrers /
S. 125
Eginald Schlattner • Ja nicht Ja. Walther Gottfried Seidner zum 80. /
S. 145
Eginald Schlattner • Fackeln im Schnee / S. 159
Matthias Buth • Gemeinde / S. 167
Traian Pop Traian • Ultima ninsoare / Der letzte Schnee / S. 170
Frieder Schuller • Rothbach zur Neige / dr. honoris ruffimontanus /
S. 173
Eginald Schlattner • Post festum. Zur Verleihung des Ehrendoktor-
titels am 12. November 2018 in der Johanniskirche zu Hermannstadt / S. 176
Gabriella-Nóra Tar • Laudatio zur Verleihung des Ehrendoktortitels an Pfarrer Eginald Schlattner / S. 183
Eginald Schlattner • Der Fremdling im Tor. Akademische Ansprache beim Festakt zur Verleihung des Ehrendoktortitels / S. 192
Eginald Schlattner • Tränen in vielen Sprachen / Lacrimi în multe
limbi. Deutsche Übersetzung der rumänischen akademischen Ansprache / S. 207
Cord Meier-Kloth • Ansprache in der Begegnungsstätte „Bischof Friedrich Teutsch" / S. 224
Emil Hurezeanu • Ansprache in der Begegnungsstätte „Bischof Friedrich Teutsch" / S. 228
Mirona Stanescu • Ansprache in der Begegnungsstätte „Bischof Friedrich Teutsch" / S. 231

Hans Bender • Letzte Vierzeiler
Theo Breuer • Vertraute Wörter, Rhythmen, Reime. Zum 100. Ge-
burtstag von Hans Bender / S. 234
Hans Bender • Hinter die dunkle Tür. Zwanzig Vierzeiler / S. 237

Bücherregal
Harald Gröhler • Dato Barbakadse: Wenn das Lied sich vom ermüdeten Körper befreit / S. 243
Wolfgang Schlott • Helmut K. Seitz / Ingrid Thoms-Hoffmann: Die berauschte Gesellschaft. Alkohol – geliebt, verharmlost, tödlich / S. 247

Ciudat, dar îmi vine sa scriu româneste ...
Komisch, aber ich hätte Lust, rumänisch zu schreiben ... Denn ich lerne Rumänien auch dank einiger deutscher Freunde besser kennen. Ich, der geborene Rumäne, der jetzt – als Verleger ein „Wiederholungstäter", der immer wieder an den „Tatort" zurückkehrt – ein Editorial schreiben muss.
Nun, so wie ich mich wahrscheinlich zig Mal geäußert habe, ohne besonders hervorzuheben, dass alles, was ich Ihnen mitteile, nur meiner Realität entspricht – um Ihnen das Gefühl zu geben, dass
es sich bei meinen Aussagen um eine allgemein verbindliche Sicht der Dinge handelt –, muss ich nun betonen, dass alles, was ich im Folgenden erzähle, stimmt.
Ich bin nicht mehr der Jüngste. Als mein Vater noch lebte, habe ich mal seine Jacke und seinen Mantel anprobiert. Danach traute ich mich, in seine Haut zu schlüpfen. Als mein Bruder von einer Lawine verschüttet wurde und starb, bat ich meinen Vater, seine Haut zu verlassen, um in die Haut meines Bruders zu schlüpfen.
Er sagte nichts, aber ich konnte nur mit seiner Haut in die Haut meines Bruders schlüpfen. Die Szene wiederholte sich, als meine Mutter mich aufforderte, in ihre Haut zu schlüpfen.
Warum ich Ihnen all dieses sage? Weil ich gerade mit meinen eigenen Fehlern konfrontiert bin. Und mit den Fehlern meines Vaters. Und mit den Fehlern meines Bruders. Und mit denen meiner Mutter. Meines Erachtens schaffte ich es nie, meine bisherigen Fehler zu vermeiden. Ebenso wenig wie die Fehler von Vater, Bruder oder Mutter. Noch schlimmer: Meine Kinder haben – soweit ich das mitbekommen habe – nie etwas aus meinen Fehlern gelernt, ob-wohl ich immer wieder vorgesorgt habe, genauso wie mein Vater und meine Mutter ... Anders gesagt: Ich habe es nicht geschafft, meine Kinder besser als mich werden zu lassen.
Hätte ich das machen müssen? Wäre diese Welt besser, wenn zum Beispiel meine Kinder kein Flugzeug besteigen würden, da es umweltschädlich, außerdem gefährlich und absolut ungesund ist – vor allem, wenn man bedenkt, dass mein Vater, der Pilot war, an Krebs starb und lange Zeit gar nicht gemerkt hatte, wie sich die Radar-Strahlung auf seinen Körper auswirkte? Würde es meinen Kindern besser gehen, wenn sie auf Fast Food verzichteten, weil es ungesund ist? Würden sie ruhiger schlafen, wenn sie kein Handy benutzen würden und kein Bluetooth und kein WLAN, weil man nicht
sicher sein kann, was für einen Schaden dies alles nach sich ziehen könnte? Würden Sie länger leben, wenn Sie das Skifahren aufgäben, weil nicht nur mein Bruder, na ja, dabei erwischt wurde ... Würden meine Kinder einen besseren Job haben, wenn sie nicht mehr zur Wahl gingen wie meine Mutter, die alle Politiker entweder für dumm oder für korrupt erklärt hat und schuldig am Tod ihres Mannes wie ihres Sohnes? Wie wäre es ohne das Abenteuer, das Risiko, den Wunsch, etwas Neues zu entdecken, zu erleben, zu versuchen? Eine Gesellschaft von gealterten Kindern, eine Geschichte ohne Vergangenheit und Zukunft, ein Zahnrad, das sich selbst genug ist, um selbstverliebt zu entscheiden, wann es sich nicht mehr drehen mag?
Schön, werden einige von Ihnen sagen, schön wäre, wenn alle Horrortaten, die von Menschen an Menschen – um nicht noch an die Zerstörung der Umwelt zu erinnern – verübt werden, ein für alle Mal verschwinden würden: endlich Gerechtigkeit! Warum sollte es wie gewohnt weitergehen?
Nun frage ich mich: Wie anders? Gibt es etwas anderes? Gibt es tatsächlich eine „gute" und eine „schlechte" Geschichte? Es sieht so aus, dass wir nur zwischen dieser Mischung aus Versuch, Horror, Abenteuer, Unerträglichkeit, Unvorhersehbarkeit und ... dem Nichts wählen dürfen.
Wie gesagt, ich höre die Stimme meines Bruders, wenn ich etwas über die Berge erzähle oder wenn ich jemandem kategorisch widerspreche – nur um ihm zu widersprechen. Die Stimme meiner Mutter höre ich, wenn mein Körper schmerzt, weil ich sie so sehr vermisse. Die Stimme meines Vater höre ich, wenn ich unserem Enkelkind zu erklären versuche, wie man eine eingefrorene Militärmaschine startklar macht mithilfe einer Roma-Band, die Csárdás-Tänze spielt, und mit einem Viertel Palinka.
Ja, ich hätte gern rumänisch schreiben wollen ...
Komisch? Nicht unbedingt, wenn ich an diese MATRIX-Ausgabe denke, die mich in einen Ausnahmezustand versetzt hat.
Wundern Sie sich nicht: Ich lerne gerade eine wunderbare Facette Rumäniens kennen dank eines der besten dort geborenen deutschsprachigen Schriftsteller. Ich lerne gerade eine wunderbare Facette Europas und der Welt kennen dank eines evangelischen Pfarrers und Gefängnisseelsorgers aus Rumänien. Ich lerne gerade mich kennen: so ängstlich, neidisch, schwach, gierig, unbedeutend usw., aber deswegen doch froh, glücklich und unternehmungslustig. Und vor allem voller Lust, ins Auto zu steigen und nach Rothberg/Rosia zu fahren. Um Freude und Frieden zu tanken. Binecuvântat sa fie cel ce mi-a îndreptat pasii spre dumneavoastra! Gelobt sei jener, der meine Schritte zu Ihnen gelenkt hat, Eginald Schlattner! Und ich bitte Sie um Verzeihung, wenn ich nun – so „klein und mit sprudelndem Kopf", wie ich mich fühle –, nicht in der Lage bin, etwas anderes zu tun, als unseren Lesern zu empfehlen, Ihre Bücher so schnell wie möglich zur Hand zu nehmen.

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