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Heimatlos?!

Heimatlos?! von Wolfgang Klein
Ein Leben zwischen zwei Welten.

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Kategorie: Bücher
Seiten / Format: 276 S.; Broschiert
Erscheinungsjahr: 2013
Verlag: WHK-Mainz Verlag
Sprache: Deutsch
ISBN: 9783000427930

Heimatlos?

Heimat? Heimweh?

Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug sitze – egal in welche Richtung!

Zwar lebe ich jetzt 33 Jahre in Mainz, denke aber immer noch an die 24 gelebten Jahre im schönen Hermannstadt zurück. Ich bin überzeugt, auch die Biografie eines New Yorker Puertoricaners ähnelt meiner. Oder eines Russen, Japaners, Polen oder Usbeken. Ich kann jedenfalls die Migrationsgeschichten durchaus nachempfinden. Schließlich lebe ich immer noch zwischen zwei Welten ...

Heimat? Heimweh?

Ja! Das merke ich vor allem, wenn ich in Frankfurt in den Flieger in Richtung Rumänien steige. Vorfreude macht sich breit! Die Gute Laune dominiert. Ein paar Tage weg aus diesem „Klageland". Wieso die Menschen hier so unzufrieden sind, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Weg von den vielen Alltags-Oberflächlichkeiten und der Einsamkeit. Hurra! Den Stress und die soziale Kälte für ein paar Tage vergessen. Fort aus dem Land, das nach eigenen Angaben... die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung hat, in ein Land, wo die meisten Verbrecher sich unter dem Deckmantel des Politikers verstecken. Da haben sich irgendwie die Vorzeichen geändert. Früher hatte der rumänische Diktator 97,94 Prozent, jetzt hat die Merkel die gleichen Werte und die Kommunistischen Erben Ceausescus müssen sich mit 60 Prozent begnügen. Wie das so ist mit den Wahlen, ist man eine Geisel der eigenen Interessen. Darum bin ich mit dem Resultat des Hermannstädter Bürgermeisters Klaus Johannis im Juni 2012 sehr zufrieden. Immerhin konnte er 77,9 Prozent aufweisen. Und das zum vierten Mal in Folge. Chapeau! Der Typ hat viel für Hermannstadt getan. Da ist der Aufschwung zu sehen und zu spüren. Deshalb hat man ihn ja auch gewählt. Ich bin ihm sehr dankbar und freue mich auf meine alte Heimat. Wie sagte er einmal so schön: „Ein Hermannstädter bleibt immer ein Hermannstädter, egal wo er lebt!" Stimmt. Da erwartet mich sehr schmackhaftes Essen, schönes Wetter, freies Internet und ein gutes Lebensgefühl. Alte und neue Freunde, ein tolles Kulturangebot und die besondere Atmosphäre der Stadt. Das alles zaubert ein Dauergrinsen in mein Gesicht! Ich freue mich auf ein Land, wo eigentlich nichts funktioniert und dann trotzdem irgendwie alles klappt. Hier wurde Dezember 2012 sogar das Ende der Welt verschoben, wegen der schlechten Organisation. Ein Land, in der keine Uhr richtig geht, es sei denn, man gibt ihr Bakschisch. Wie gesagt, Hermannstadt ausgenommen.

Heimweh? Heimat?

Das schlimmste sind die dauernden Vergleiche zwischen den beiden „Heimaten". Bis man sich für eine Seite entscheidet, vergehen Jahre. Ich habe mich für beide entschieden und einfach das Positive aus beiden Ländern in mir aufgesogen. Das war meiner Meinung das richtige Arrangement. Jetzt lebe ich seit einigen Jahren halbwegs glücklich in beiden Welten. Doch das bedeutet nicht, dass ich mit allem zufrieden bin. So kämpfe ich ständig gegen die Alltagsprobleme auf beiden Seiten. Mal mit Erfolg, mal ohne. Ein andauerndes Auf & Ab .

Wenn ich ein paar Tage in Rumänien gewohnt habe, stört mich die Gleichgültigkeit der Einwohner, die scheinbar ziellos in den Tag leben. Sie stören sich nicht an den Verhältnissen um sie herum. Warum auch? „Wir können nichts ändern!" Sie wählen die Politiker obwohl sie wissen, dass sich nichts ändert, dass im Gegenteil alles immer schlechter wird, weil diese korrupten Bakschischempfänger das Land ausweiden wie die berühmte goldene Gans. Die Dinge, die mir in Deutschland gefehlt haben, die verfluche ich jetzt. So stört mich jedes Loch in den Straßen, und davon gibt es viele. Es stört mich die fehlende Organisation, die allgegenwärtige Unpünktlichkeit, die vielen kaputten Aufzüge und Rolltreppen, die unfreundlichen Verkäufer und Bedienungen.

Heimat? Heimweh?

Nach fünf Tagen will ich zurück in die neue Heimat. Meenz bleibt Meenz! Mir fehlen die erstklassige Organisation und die perfekte Infrastruktur. Die Brief- und Paketträger, die pünktlich und zuverlässig die Post zustellen. Ich freue mich auf genau gehende Uhren, auf pünktliche Busse und Straßenbahnen, bin glücklich, wenn die Aufzüge und Rolltreppen funktionieren, die Flugzeuge pünktlich starten und landen. Bin glücklich, wenn ich die vielen Rasenmäher höre, fürs Internet zahlen muss und die Nachbarn mich in Ruhe lassen.

Oh Heimweh! Oh Heimat!

Dann bin ich glücklich fünf Tage wieder im Lande, schon beginnt das Drama von neuem. Da kotzt mich alles an, worüber ich mich gerade gefreut habe und es fehlt das Chaos, das ich gerade hinter mir gelassen habe. Die Dinge, die mir in Rumänien gefehlt haben, über die freue ich mich jetzt, aber nicht lange und das Blatt wendet sich erneut. Was für ein Dilemma! Wie gesagt: Am glücklichsten bin ich wenn ich im Flugzeug sitze – egal in welche Richtung!

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