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Schriften des Bischofs Friedrich Müller II. herausgegeben

1. Dezember 2010

Dr. Gerhard Schullerus: „Aus Verantwortung für die Kirche"

Von Gerhard Wagner (ADZ)

Auf rund 120 Seiten lässt der Herausgeber Dr. Gerhard Schullerus seinen Schwiegervater Bischof Friedrich Müller II. in chronologisch angeordneten Dokumenten zu Wort kommen und gewährt so dem Leser tiefe punktuelle Einblicke in die siebenbürgisch-sächsische Problematik der 40er bis 60er Jahre: Da musste den antichristlichen Verführern brauner und roter Art gewehrt werden, aber wie sie von Christen unterscheiden? An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, rät Jesus. Doch zwischen Aussaat und Ernte vergeht Zeit und es geschieht vieles; woran soll man sich da halten? Gibt es göttliche Offenbarung auch außerhalb des in Buchstaben gefassten Wortes der Bibel? Ist Gott nur dort, wo es der Selbstgefälligkeit des Menschen schmeichelt? Ist Kirche eine Funktion des Volkes? Gibt es Systeme des öffentlichen Lebens, die für Christen grundsätzlich inakzeptabel sind? Warum wird mancher Generation so viel Leid zuteil, während andere davon verschont bleiben? Warum bewirken die technischen Errungenschaften nicht ein glückliches Zeitalter, warum sind Ansammlungen von Kapital wie auch kollektive Enteignungen so gemeinschaftszerstörend? Wo sind die Grenzen der zumutbaren Bedrägnisse für Christen?

Lauter Fragen, die in jenen Jahrzehnten alles andere als theoretisch waren und deren Beantwortung sowohl für Frager als auch für Gefragte meistens existenzielle Folgen hatte. Bischof Müller II. hat darauf in Aufsätzen, Reden, Predigten, Rundschreiben und Briefen so geantwortet, wie er es aufgrund seiner tiefsten Glaubensüberzeugung und in Verantwortung vor Gott und für die Kirche tun musste. Er hat es unter dem Einsatz all seines Könnens getan, manchmal auch unter Gefahr für Freiheit und Leben und ohne auf Anerkennung und Beliebtheit bei den Menschen zu warten. Die Früchte seines streckenweise recht mühseligen Ringens mit den widerstrebenden Kräften zeigten sich aber bald in Form von Rahmenbedingungen, die nicht nur das bloße Überleben der Sachsen als Gemeinschaft im Kommunismus ermöglichten, sondern auch manchen ihrer wertvollen kirchlichen, sozialen und kulturellen Strukturen in der neuen Zeit ihren Platz sicherten.

Die Auswanderung der Siebenbürger Sachsen hat Bischof Müller II. nicht verhindern können, obwohl das eines seiner zentralen Anliegen gewesen ist, aber er hat durch sein Wirken mit Sicherheit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Sachsen unter dem kommunistischen Regime Rumäniens das bleiben konnten, als was sie heute in den Ländern, in die sie ausgewandert sind, in Erscheinung treten. Zu seiner Zeit das Rechte tun, erweist sich oft genau so förderlich wie eine visionäre Vorbereitung auf die Zukunft. Oft ist der Verfall von Werten, die uns teuer sind, letztendlich unvermeidbar, aber man kann ihn durch Mut, Treue und Beharrlichkeit bremsen, hinauszögern, abmildern und dadurch Zeit gewinnen, Lebenszeit, die man auf schöne Weise im vertrauten Umfeld zubringt. Das ist schon was. Und wer weiß, vielleicht kommt eine unerwartete Wendung und das Befürchtete bleibt aus. Solche Hoffnung als Triebkraft veredelt jedes Werk und verleiht ihm bleibenden Wert.

Das Buch ist im Schiller Verlag Hermannstadt Bonn 2010 erschienen und bietet außer Nachdrucken auch erstmalig veröffentlichte Schriften aus dem Nachlass von Bischof Friedrich Müller II. Erhältlich ist es ist in der Erasmus-Buchhandlung im Teutsch-Haus in Hermannstadt, Preis: 49 Lei/17 Euro.

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