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Ereignisse werden lebendig

30. Juni 2016

Neues Buch von Wilhelm Andreas Baumgärtner

Es waren unruhige Zeiten, Zeiten der Kriege, der Intrigen und Verschwörungen. Die Feuer der Rebellion brannten! Ungarische
Adlige verschworen sich gegen den Kaiser. Protestantische Rebellen, Kuruzzen genannt, revoltierten und die Türken und der Kaiser bereiteten einen großen Krieg vor. Welche Rolle spielte Siebenbürgen in diesem Mächtespiel?

Der Autor Wilhelm Andre-
as Baumgärtner geht in seinem
neuesten Buch - „Die Feuer der
Rebellion. Siebenbürgen in der
Zeit der Kuruzzenkriege" - in
der gleichen bewährten Wei-
se vor wie in seinen anderen
Bänden zur siebenbürgischen
Geschichte. Er verbindet die in-
ternationalen Ereignisse mit
der siebenbürgischen Geschich-
te in einer anschaulichen und
spannend erzählten Art, die sich
deutlich unterscheidet von einem
langweiligen und trockenen Ge-
schichtsbuch. Sorgfältig recher-
chiert werden auf diese Weise die
Ereignisse lebendig.
„Wir brauchen den deutschen
König nicht mehr. Wir brauchen
einen ungarischen König", riefen
ungarische Adlige, weil sie sich
über den Friedensvertrag von
Eisenburg, geschlossen zwischen
dem Kaiser Leopold I. und der
Hohen Pforte im Jahre 1664, em-
pörten. Daraus wurde eine heim-
liche, später eine offene Rebellion.
Man ging in der Planung soweit,
den Kaiser auf der Jagd zu über-
fallen und ihn gefangen zu neh-
men, spannend auch der Plan,
ihn während eines Fischerfestes
zu vergiften. Der Aufstand wur-
de niedergeschlagen. Die Grafen
Zrinyi, Nadasdy und Frangepan
wurden des Hochverrats ange-
klagt und zum Tode verurteilt. Als
Folge dieser Rebellion schaffte der
Kaiser die ungarische Verfassung
ab zu Gunsten einer habsburgi-
schen Alleinherrschaft und führte
eine starke Katholisierung durch.
All das erfährt man im ersten Teil
„Aufstand der Magnaten" des
Buches.
Man liest im zweiten Teil „Sie-
benbürgische Befindlichkeiten"
von sozialen Spannungen und
Konflikten zwischen wohlha -
benden machtgierigen Famili-
en und von Bürgern, die vom
politischen Leben immer mehr
ausgeschlossen wurden. Kor-
ruption, Ämtermissbrauch und
Vetternwirtschaft waren an der
Tagesordnung. „Die sächsischen
Officianten...bereichern sich aus
dem Schweiße der armen Leute".
Baumgärtner legt einen Schwer-
punkt auf die Darstellung der Re-
bellion von Keisd, als die Bürger
sich gegen die Bevormundung
der wirtschaftlich erstarkten
Schäßburger wehrten. Es wütete
die Pest in Hermannstadt, von
2.733 Menschen starben allein
108 Bewohner aus der Heltau-
ergasse. Es wüteten die Natur-
gewalten während des Brandes
von Schäßburg, am 30. April
1676. „Entsetzen, Verwirrung
und Verzweiflung" beherrschten
die Stadt. Während die Falsch-
münzprägung in Schäßburg um
sich griff, wurde auch der Bür-
germeister, Johann Schuller von
Rosenthal, beschuldigt und der
Sachsengraf von Harteneck des
Hochverrats angeklagt und ver-
urteilt. Es sind interessante Er-
eignisse, die spannend beschrie-
ben werden. Getrübt wurde das
Licht der Aufklärung durch die
Hexenverfolgungen, die auch
Siebenbürgen trafen. Überall
brennende Scheiterhaufen und
verbranntes Menschenfleisch!
Und Pfarrer, die das Ungeheuer-
liche dulden!
Im 17. Jahrhundert hatte fast
jeder Ort seinen Hexenweiler, in
dem das Hexenbad vollzogen
wurde. Der Leser erfährt skurri-
le Details, z. B. dass die Frau des
Fürsten Apafi Angst vor Fliegen
hatte, weil sie dachte, diese seien
verwandelte Hexen. Oder ent-
setzliche, wie ein Vater, der so
weit ging, seine Frau und sein
Kind anzuzeigen, die schließ-
lich hingerichtet wurden. Ob das
grausame Spektakel in seiner Ge-
genwart geschah?
Nach diesem siebenbürgischen
Zwischenspiel führt Baumgärt-
ner den Leser im dritten Teil
„Dem Krieg entgegen" wieder
ins Kriegsgeschehen zurück. Die
Hohe Pforte und, nach geschei-
terten Friedensbemühungen,
auch der Kaiser rüsten auf. Sul-
tan Mohammed IV., der „Jäger"
und „Herr der Weiber" beauf-
tragte Kara Mustafa, den neuen
Kronfeldherrn der Pforte, mit
dem Aufmarsch des osmanischen
Heeres. Die imposante Heeres-
schau sollte den österreichischen
Gesandten beeindrucken, beein-
druckt aber eher den Leser! Die
arabischen Sterndeuter sagten
den siegreichen Feldzug bis Rom
voraus. Die Hohe Pforte will end-
lich den „Goldenen Apfel" pflü -
cken! Der heimliche „König der
Kuruzzen", Emmerich Thököly,
unterstützt mit den ungarischen
Magnaten die Hohe Pforte, nach
dem Motto, „lieber türkisch als
papistisch". Mit den Vorbereitun-
gen zur Verteidigung Wiens, dem
Herannahen des Feindes und der
Flucht des Kaiserpaares endet
das Buch. Am 14. Juli 1683 steht
das türkische Heer vor Wien!
Auch in diesem Buch findet
man den klaren, anschaulichen
und spannenden Erzählstil Baum-
gärtners wieder, der mit seiner
Darstellungsweise ein breiteres
Publikum erreichen will. Manch-
mal in einem Labyrinth von Infor-
mationen, gelingt es dem Autor,
überzeugend zentrale und inter-
essante historische Ereignisse in
den Mittelpunkt zu stellen und
übergreifende Zusammenhänge
strukturell in einen geschickten
Rahmen zu setzen. Man ist ge-
spannt auf die Fortsetzung, den
Kampf um Wien!

Heidemarie BONFERT, Hermannstädter Zeitung vom 1. Juli 2016

Wilhelm Andreas Baumgärtner: Die Feuer der Rebellion.
Siebenbürgen in der Zeit der Kuruzzenkriege. Schiller-Verlag Hermannstadt - Bonn 2016, 206 S., ISBN: 978-3-944529-85-1

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