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Die Südkarpaten - Welt der Hirten

Die Südkarpaten - Welt der Hirten von Alfred Schuster
Fotografien 1960-1980

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Kategorie: Bücher
Seiten / Format: 244 S.; gebundene Ausgabe; 31,5x23 cm
Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Clausthal-Zellerfeld, Papierflieger
Sprache: Deutsch
ISBN: 9783869485072
Auflage / Bände: 1.

dreisprachige Ausgabe deutsch/englisch/rumänisch

Fotobildband: 263 Schwarzweiß-Fotos,10 ganzseitige Farbfotos, Schwarzweiß: 125 ganzseitig (Querformat), 65 halbseitig (Hochformat); 2 Karten, eine der Südkarpaten in Farbe
Texte von: Dr. Erika Schneider, Dr. habil. Frank Schuster, Dr. Alfred Schuster

Die Südkarpaten mit ihren Graten und Gipfeln, den alpinen Matten und den ausgedehnten Bergwäldern sind bei klarem Wetter nicht nur für die an ihrem Fuße Wohnenden deutlich sichtbar. Sie zeichnen sich auch für den Betrachter aus entfernteren Punkten des Hochlandes deutlich ab. Als herausragende, beeindruckende Gebirgskette sah auch der englische Journalist Charles Boner während seiner Reise durch Siebenbürgen 1863-1864 einen Teil der Südkar- paten - das Fogarascher Gebirge - und beschrieb es damals als "einen schönen Zug in der Landschaft und umso imponierender als das Gebirge sich mit einem Male aus der weiten Ebene, in welcher Hermannstadt liegt, erhebt. Diese Gebirgskette erstreckt sich etwa zwanzig Meilen weit gegen Kronstadt zu".

Die Südkarpaten boten über viele Jahrzehnte, ja über mehr als zwei Jahrhun- derte Anziehungspunkte für Geologen, Geographen, Botaniker, Zoologen, Ethnographen Landeskundler und schließlich ab den letzten Jahrzehnten des
19. Jahrhunderts, durch den Beginn ihrer touristischen Erschließung, auch für begeisterte Bergwanderer. Eine eigene Welt stellten sie für die Hirten dar, die seit vielen Jahrhunderten eng mit den Gebirgen verbunden waren und ihre Schönheiten kannten, aber auch mit ihren Tücken und Gefahren umzugehen wussten. So waren die Hirten auch die ersten Bergführer für jene, die die Wildnis der Südkarpaten erkunden und erforschen wollten.

Mit dem fast täglichen Blick auf die Berge ist es nicht verwunderlich, dass sie auf viele wanderfreudige und Natur begeisterte Hermannstädter große Faszination ausübten und zu ihren "Hausbergen" wurden. Zu diesen Begeis-terten gehörte auch Alfred Schuster, der bereits als Schüler in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in die Bergeging, sie erkundete und mit unterschiedlichen Fotoapparaten ihren Zauber einfing. Seine Begeisterung für die Bergwelt führte ihn auch zum Studium der Geologie und dann schließlich zu seiner wissenschaftlichen Laufbahn am Institut für Geologie und Geophysik in Bukarest, die mit viel Freilandarbeit verbunden war. Mit jährlich 6-7 Monaten Geländegeologie in verschiedenen Teilen der Südkarpaten, bei der auch für fachliche Zwecke alles festgehalten werden musste, nahm die Fotografie einen wichtigen Platz ein.

Doch diese Fotografie ging weit über das Fachliche hinaus. Ihm war es vergönnt, wie der Buchautor selbst schreibt, seine beiden Leidenschaften, die Berge und die Fotografie in Einklang zu bringen. Aus ihm spricht nicht allein ein Geologe, der mit Leib und Seele seinen Beruf ausgeübt hat, sondern gleichzeitig auch ein Fotograf, der die Welt eben nicht nur mit dem geologisch-fachlichen Auge, sondern genauso auch mit jenem eines Künstlers sieht, der Formenschönheit und Formenvielfalt, Lichteffekte, verschiedene Wetterstimmungen, lebendige Land-schaften und ihre Menschen rund ums Jahr in bewundernswerter und hervorragender Weise festgehalten hat. Viele der Schönheiten werden durch die überwiegend schwarz-weißen Aufnahmen noch besser betont und regen noch mehr zum Träumen und Reflektieren an. Ja, sie wecken in manchem Betrachter auch eigene Erinnerungen an Hochgebirgstouren und lassen diese in neuem Licht und neuen Zusam-menhängen erscheinen. Auch versetzen sie uns in die Zeit des Bergwanderns der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre, als man allein bis an den Fuß der Gebirge einen weiten Anmarsch und dann noch den Aufstieg auf die Grate und Gipfel zu meistern hatte - und das mit einem schweren Rucksack, in dem alles mitgeschleppt wurde, was man zum Leben brauchte. Umso schöner war dann das Eintauchen in die Bergwelt, die der Verfasser so wunderbar eingefangen hat und die einen weit vom Lärm der Stadt in ihre geheimnisvolle Ruhe und Schönheit aufnahm.

Über die Südkarpaten, sind bereits verschiedene Bildbände mit jeweils anderen Themenschwerpunkten und aus anderen Blickwinkeln dargestellten Gebirgs-landschaften erschienen, die dem Betrachter Einblicke in die Bergwelt ermög-lichen. Doch bisher gab es keinen Band mit einer so großen Vielfalt und Anzahl eindrucksvoller Bilder aus der gesamten Südkarpatenkette mit ihrer eigenen Bergwelt, ihren Graten, ihren Landschaften, die eng mit der Welt der Hirten verbunden sind, bzw. verbunden waren und die sich so lebendig vor unseren Augen gestalten.

So vollzieht das Buch auch eine Zeitreise nach, die die Naturlandschaft der Berge mit der sich wandelnden Welt ihrer Menschen und deren Tätigkeiten verknüpft. Es lädt ein zu einem Kennenlernen alter, mit den Bergen verbun-dener Nutzungstraditionen einer fast versunkenen Welt nicht nur der Hirten, sondern auch der Flößer, der Waldarbeiter und Köhler, die noch vor wenigen Jahrzehnten greifbar war, jedoch heute in der damaligen Form nicht mehr existiert. Denken wir dabei nur an die Aufnahme mit den Schafen auf den schwindelnden Höhen des Buteanu-Grates, an den Almauftrieb zum Retezat-Gebirge, die weidenden Schafe im Parâng-Gebirge mi ihrem Flöte spielenden
Hirten, an das Leben in einer Sennhütte, der "Stâna" wie man sie als Seltenheit auch heute noch findet und nicht zuletzt an das Foto mit den fünf Eseln, die bepackt mit Feuerholz in Begleitung ihres Treibers, auf steilem Bergpfad hintereinander in einer Reihe aufsteigen, um für das Wohl der Touristen in der Hütte am Bulea-See zu sorgen. Heute tut das die Seilbahn oder LKW`s- und PKW`s, die auf der alpinen Hochstrasse, die das Fogarascher Gebirge von Norden nach Süden durchquert, alle Waren hinauf zur Bulea-Hütte fahren. Auch die Wanderschäferei, die alte Transhumanz hat gegenwärtig meist andere Formen angenommen, als jene, die das Buch dokumentiert und damit auch das Leben der Hirten vollkommen verändert.

Die Schmalspurbahn im Tal der Eisernen Burzen /Bârsa Fierului die dem Holztransport diente und 1972 ihre letzte Fahrt hatte, kann nur noch in diesem Bildband wieder aufleben, genauso wie auch die vergessenen Staumauern für die Flößerei, die dem Verfall preisgegeben wurden. Auch Bilder wie jenes der Wassermühle mit Sägewerk in Polovraci, das alte mit Schindeln gedeckte Forsthaus, ein richtiges Blockhaus aus Holzstämmen, Wolle spinnende Frauen sowie das Waschen der Schafwolle sind Bilder, die heute meist der Vergangenheit angehören und Seltenheitswert haben. Faszinierende Naturbilder mit wunderbaren Gewitter- und Nachgewitterstimmungen, flutendes Abendlicht im Hochgebirge, Raureif im jungen Fichtenwald, Winterbilder mit glitzerndem Schnee und auch mit dunklem, Wolken verhangenem Himmel, sind nur wenige Beispiele von Themen aus der Vielfalt an Bildern und Impressionen, die der Verfasser in seinem Buch zusammengetragen hat und die den Betrachter diese Landschaften erleben und nicht vergessen lassen.

Die Einmaligkeit der Aufnahmen zeigt uns, das der Verfasser nicht nur mit einem guten Blick, sondern auch aus einer tiefen Verbundenheit heraus diese Bergwelt erlebt, sie in ihren komplexen Zusammenhängen gut kennt, verinnerlicht und in Bildern einfangen hat. Das ist jedoch nur möglich, wenn man viel Zeit in den Bergen verbracht und diese intensiv bei jeder Witterung, auch der unwirtlichen, erlebt hat. Dadurch ist es dem Verfasser gelungen, einen Bogen zu spannen von zerklüfteten Hochgebirgslandschaften, Gletscherseen, Bergmatten und Wäldern bis hin zu den Menschen, die in dieser Welt gelebt und gearbeitet haben. Sie eröffnet sich in ihrer Naturschönheit und besteht weiterhin, auch wenn ihr manche Wunden zugefügt wurden. So ist das Buch tatsächlich eine Einladung des Verfassers ihn auf dieser Zeitreise durch mehrere Jahrzehnte erlebter Bergwelt zu begleiten, die vielleicht für viele auch heute unbekannt ist. Folgt man dieser Einladung, so wird man durch tiefe Einblicke in eine facettenreiche Bergwelt voller Naturwunder reichlich belohnt.

Erika Schneider