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Nicht gerade so unbekannt

17. November 2016

Manfred Krawatzky stellt Rumänien als unbekannten Nachbarn vor

Im Vorjahr erschien im Schiller Verlag Hermannstadt – Bonn der Band „Rumänien – der unbekannte Nachbar" von Manfred Krawatzky, einem ausgesiedelten Kronstädter und guten Kenner seines Herkunftslandes. Nach einem seiner neuen Besuche in der Heimat und darauf angesprochen, kam nun die Bibliothek des Kronstädter Forums auch in Besitz dieser Dokumentation, in der der Autor laut Untertitel auf „Ethnien – Geschichte – Hintergründe – Probleme – Zusammenhänge – Politik" eingeht. In dem rund 140 Seiten umfassenden Band, der auch einen ansprechenden Bildanhang umfasst, kann der deutsche Leser, der wenige Kenntnisse über Rumänien hat, mit der Vergangenheit und Gegenwart des Landes, mit der Kultur, aber auch Mentalität der Bevölkerung vertraut gemacht werden. Anderseits betont Krawatzky schon im Vorwort zu dem Band, dass „dieses Buch es sich nicht vorgenommen hat, ein Reiseführer für Rumänien zu sein. Es ist vielmehr in der Absicht entstanden, das Land Rumänien dem interessierten Leser vorzustellen, wie es wirklich ist".

Von der äußeren Gestaltung – dessen Titelumschlag gleich mehrere Landschafts- und Stadtbilder –, wie auch dem Format her, denkt man aufs erste doch einen Reiseführer einsehen zu können. Man wird dadurch aber nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Zwar erhält man nicht Tipps für Urlaubs- und Freizeitvorschläge in Rumänien, hingegen aber Hintergrundinformationen aus den vermerkten Bereichen. Und diese sprechen natürlich mehr den Ausländer an, der eine solche komprimierte Übersicht über ein ihm unbekanntes Land nicht – vielleicht ausnahmsweise im Internet – erhält. Auch der deutschsprachige Leser mit hiesigen Wurzeln, der sich wenig mit der Landesgeschichte und mehr mit der Siebenbürgens befasst hat, erhält somit zusätzliche und interessante Informationen.

Nach einer kurzen Vorstellung des Landes zu Lage, Regionen und Bevölkerung, macht der Autor den Leser auch vertraut mit der Phonetik, damit dieser bei einem eventuellen Besuch, sich mit schriftlichen Benennungen besser zurecht findet. Nach dem geschilderten lateinischen Ursprung des Landes wird man in die Geschichte der historischen Provinzen eingeführt, mit der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer 1859 vertraut gemacht, um dann auf die Vereinigung von 1918 einzugehen, die Bildung Großrumäniens zu dokumentieren. Die Rolle des rumänischen Königshauses, wie auch die Beteiligung des Landes an den beiden Weltkriegen wird kompakt dem Leser näher gebracht. Krawatzky schildert auch die Haltung der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben gegenüber der großen Vereinigung von 1918 und anderer historischer Ereignisse. Es folgt die Zeit vom 23. August 1944, als Rumänien auf die Seite der Alliierten trat, bis zur Abdankung des Königs Mihai I. am 30 Dezember 1947, als die Kommunisten die Macht übernahmen. Der Autor erwähnt die repressiven Maßnahmen gegen die deutsche Bevölkerung des Landes wie Deportation, Enteignung, Evakuierung, politische
Prozesse, denen diese ausgesetzt worden ist. Die Ära Ceausescu bis zu dem Sturz des Diktators 1989, die nachträglich stattgefundenen Transformationen machen den Leser mit einer turbulenten Zeit vertraut.

Ausführlicher befasst sich Krawatzky mit der Kultur und Wissenschaft beginnend mit dem 19. Jahrhundert, landesweit. Ausgehend von dem rumänischen Historiker und Publizisten George Baritiu, der 1838 die rumänische Zeitung „Gazeta de Transilvania" gründete, wird aber nicht Bezug auf das 1837 deutsche „Siebenbürger Wochenblatt" genommen, das von Johann Gött in seiner Druckerei herausgebracht wurde und als „Kronstädter Zeitung" von 1849 bis 1944 erschien. Diese stellten den Grundstein zum Kronstädter Pressewesen. Die von Baritiu herausgebrachte Zeitung wurde ebenfalls bei Gött gedruckt. Ferner werden einige weitere rumänische und deutsche Kulturschaffende bis hin zu der Nobelpreisträgerin Herta Müller erwähnt. Auch einige ungarische Namen hätten da genannt werden können. Die Erwähnung der bestehenden deutschsprachigen Medienlandschaft, der Unterricht in der deutschen Sprache, die deutschsprachigen Institutionen, die Rolle der Kirche hätten für noch mehr Aufklärung gesorgt.

Einschließlich die erstmalige Wahl des Vertreters einer Minderheit in der Geschichte des Landes, eines Siebenbürger Sachsen zum Staatspräsidenten, zeigen, dass in Rumänien grundlegende Transformationen stattgefunden haben. Einige Druckfehler bei den Namen wie Blandeana statt Blandiana, Gerold statt Gernot Nussbächer muss man übersehen. Einige weitere eingeschlichene Fehler wurden überklebt (Siehe Seite 117).

Der 1941 in Kronstadt geborene Autor ist nicht Historiker. Nach dem Besuch des Honterus-Gymnasiums in seiner Heimatstadt, studierte er in Jassy Hochbau. Bis zu seiner Aussiedlung 1990 nach Deutschland, war er bei Kronstädter Bautrust Nr. 5 tätig. In Deutschland war er weiter bis zur Rente aktiv. Von 2004 bis 2005 leitete er in Bukarest die Niederlassung eines bekannten deutschen Bauunternehmens. Bekannt ist er auch als Bergwanderer, er ist Mitglied des Deutschen Alpenvereins, hat Kontakte zum hiesigen Siebenbürgischen Karpatenverein (SKV). Er zeichnet immer wieder auch Beiträge in der „Siebenbürgischen Zeitung", als Herausgeber zeichnete er für verschiedene Bücher. Sein nun aufliegender Band ist nicht ein wissenschaftliches Buch, bietet aber einen aufschlussreichen historischen Rückblick. Nach dem Durchblättern des Bandes über Rumänien als unbekannten Nachbarn, bleibt es dem jeweiligen Leser überlassen zu urteilen, ob ihm dieser Nachbar durch die Lektüre näher gebracht wurde oder nicht. Mit Sicherheit aber ja!

Dieter Drotleff, Karpaten Rundschau vom 17-11-16

Zu: Manfred Krawatzky, „Rumänien der unbekannte Nachbar", Schiller Verlag Hermannstadt – Bonn 2015.

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